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Helfen verboten: Auswirkungen der Kriminalisierung von Solidarität

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Im bosnischen Una-Sana Kanton führt eine Reihe an Gesetzen und Regeln zu diskriminierenden Ungleichbehandlungen und kriminalisiert die solidarische Unterstützung für People on the Move (PoM). Zum einen gilt seit einem Jahr im grenznahen Kanton ein Transportverbot für PoM. Weder dürfen sie in privaten Pkw mitgenommen werden noch den öffentlichen Nahverkehr benutzen. Wer zuwider handelt, macht sich strafbar.

Wenn Schutzsuchende zum Beispiel von Sarajevo nach Velika Kladuša reisen, müssen sie den Bus vor dem Una-Sana Kanton, also in den Orten Bosanska Otoka oder Cazin verlassen. Von dort müssen viele die restlichen 50 km nach Velika Kladuša zu Fuß zurück legen – nur wenige können sich das aufgrund der Illegalität besonders teure Taxi, 25€ pro Person, leisten. Wer das Geld aufbringen kann, muss heimlich bei Nacht über die Kantongrenze und durch das Kanton gefahren werden. Werden PoM in Taxis erwischt, droht dem:der Fahrer:in eine Geldstrafe.

Diese Einschränkung der Mobilität der PoM erschwert ihre alltägliche Grundversorgung und erhöht ihre Abhängigkeit von internationalen Hilfsorganisationen wie der International Organisation of Migration (IOM). Der rechtliche Sonderstatus trägt zu der Marginalisierung der PoM bei, indem sie eine degradierende, unmenschliche Behandlung nicht nur zulässt, sondern explizit vorschreibt.

Darüber hinaus wird den PoM in den meisten Cafés und Geschäften im Una-Sana Kanton der Zutritt verwehrt. Rassismus und/oder die Angst davor, lokale Kund:innen zu verlieren führen dazu, dass die große Mehrheit solcher Räume den PoM unzugänglich gemacht werden. In Velika Kladuša gibt es nur wenige solidarische Geschäfte, die PoM eintreten lassen.

Ein weiterer Teil der repressiven Gesetze betrifft internationale Helfer:innenstrukturen: Jegliche Arbeit, die im entferntesten illegale Grenzübertritte ermöglicht oder erleichtert kann als Menschenschmuggel kriminalisiert werden. Wer also zum Beispiel Powerbanks oder Handys verteilt, die auch – aber nicht nur – für das „Game” gebraucht werden, läuft Gefahr als Menschenhändler:in verurteilt zu werden.

Außerdem wird die Care-Arbeit von internationalen Helfer:innenstrukturen vor Ort, abgesehen von der Versorgung durch eingetragenen Organisationen wie der IOM und dem Danish Refugee Council (DRC), indirekt erschwert. Üblicherweise sind Unterstützer:innen mit einem Tourist:innenvisum im Land – werden sie bei ihrer solidarischen Arbeit von staatlichen Stellen „erwischt“, riskieren sie den Entzug der Aufenthaltserlaubnis. Reparaturarbeiten in Squats, das Liefern von Holz und das Verteilen von Lebensmitteln und Hygieneprodukten passiert daher unter dem Polizeiradar.

Diese Anhäufung an rassistisch-diskriminierenden Regelungen erschwert das Leben und Überleben für PoM im bosnischen Grenzgebiet erheblich. Es trägt zur Zermürbung durch unmenschliche Behandlungen bei und forciert die Herabwürdigung von Schutzsuchenden.